Interessantes Brutverhalten
Endlich schwimmen wieder maulbrütende Kampffische in einem meiner Aquarien. Nachdem ich 2004 Betta ocellata (Augenfleck-Kampffisch), Betta pugnax (Kriegerischer Kampffisch) und Betta pi gepflegt hatte, bekam ich heute Betta albimarginata (Weißsaum-Kampffisch). Bereits seit einigen Tagen bereite ich ein 90 Liter fassendes Aquarium auf die Tiere vor. Unser Rosenheimer Leitungswasser ist ja nicht unbedingt geeignet dafür, solchen Tieren gute Lebensbedingungen zu bieten. Aus Osmosewasser, Regenwasser, Leitungswasser, einer Hand voll Erlenzapfen und alten Buchenblättern habe ich ein Gemisch hergestellt, welches die neuen Aquarienbewohner mögen werden. Das eigentlich Interessante an maulbrütenden Kampffischen ist das Brutverhalten der Tiere. Klar, dass ich versuchen werde, den Tieren bei mir die Bedingungen zu schaffen, die eine erfolgreiche Nachzucht ermöglichen. 2004 war mir dies ja bereits mit den Betta ocellata (Augenfleck-Kampffisch) geglückt, warum sollte es mit den kleinen Betta albimarginata nicht gelingen? Jetzt heißt es erst einmal die Tiere an ihre neue Umgebung zu gewöhnen. Über mehrere Stunden habe ich dem Wasser, in dem die Fische zu mir transportiert wurden, in kleinen Mengen Wasser aus ihrem neuen Zuhause beigemengt. Nachdem sich ihr Verhalten und ihr Aussehen nicht zum Negativen veränderte, riskierte ich am Abend, die Tiere ins Aquarium umzusetzen.
Vergesellschaftung im 90-Liter-Becken
Das neue Zuhause der kampffische ist nun ein 90 Liter Aquarium mit vielen Pflanzen, Wurzeln und mehreren unterschiedlich großen Stücken einer Kokosnuss-Schale. Bisher schwimmen die neuen Aquarienbewohner gemeinsam mit meinen prächtigen Anostomus anostomus (Prachtkopfsteher) und ein paar Ancistrus dolichopterus (Blauer Antennenwels) im Becken herum, ohne dass sie sich gegenseitig irgendwie stören würden. Sowohl die Salmler als auch die Welse stören die Kampffische bisher kaum. Das Herausfangen der eigentlich in Südamerika lebenden Fische wäre ohne größeren Aufwand nicht möglich gewesen. Also mussten sie im Becken verbleiben. Ich beobachte nun, ob sich alle Tiere miteinander vertragen. Bisher knabbern die Welse nur an den Erlenzapfen herum und lassen von den Buchenblättern nur die Gerippe übrig.
Die fünf neuen Kampffische erkundeten sofort nach dem Einsetzen ihre neue Umgebung, schwammen zwischen den Pflanzen herum und untersuchten jedes Stück der Kokosnussschale. Die Tiere zeigen bereits eine schöne Färbung und sie versuchen einander bei jeder Begegnung zu imponieren. Kiemendeckel werden abgestellt, Flossen gespreizt und der Körper drohend gebogen. Nicht ein einziges Mal konnte ich beobachten, dass sich die Tiere ernsthaft bedrohten. Der Betta albimarginata ist ja auch nicht gerade bekannt dafür besonders aggressiv zu sein. Drohgebärden reichen meist aus, dass das schwächere Tier wegschwimmt, ohne dass es vom Sieger verfolgt wird. Das extrem aggerssive Verhalten, das man von manchen anderen Kampffischen, insbesondere von den Betta splendens kennt, ist den kleinen Weißsaum-Kampffischen fremd.
Hoffnung auf mögliche Erhaltung der Art im Aquarium
Nachdem ich mir am Anfang gar nicht so sicher war zwei Weibchen und drei Männchen von Betta albimarginata bekommen zu haben, stellte ich recht schnell fest, dass der größte Fisch doch ein Weibchen sein muss. Dieses Weibchen hatte sich dann auch recht schnell einen der Männer herausgesucht, um mit ihm ein paar Scheinpaarungen zu vollziehen. Das von mir extra für die Tiere vorbereitete Aquarienwasser scheint den fünf Neuligen zu taugen. Gute Futteraufnahme und Scheinpaarungen sind ein gutes Zeichen dafür. Allerdings peilen die „Kampf“-Fische die weißen Mückenlarven und die Wasserflöhe sekundenlang an und „erjagen“ sie erst dann mit einem blitzschnellen Angriff.
Die beiden Kampffische, die sich bereits am ersten Tag nach dem Einsetzen zusammengefunden hatten, und ein weiteres Männchen habe ich in ein kleines 25ltr Becken mit gleichen Wasserverhältnissen umquartiert. Auch dort fühlen sich die beiden sehr wohl und die Scheinpaarungen häuften sich. Vielleicht wird’s ja was mit dem Nachwuchs. Auch im 90ltr Becken konnte ich bereits Paarungen eines anderen Männchens mit dem noch sehr kleinen Weibchen beobachten. Mein größtes Betta albimarginata Weibchen, hat seit zwei Tagen ein sehr trübes dickes Auge. Ich weiß nicht, ob da ein Futtertier gebissen hat oder einer der beiden Betta Albimarginata Männer, die mit in diesem gut bepflanzeten Aquarium leben. Eigentlich habe ich nie ernsthaften Streit im Becken beobachten können. Eine Verletzung durch einen Einrichtungsgegenstand kann ich sicherlich ausschließen, weil im Becken nichts Scharfes oder Spitzes ist. Das kranke Auge erholte sich innerhalb einer Woche und man sieht dem Fisch nicht mehr an, dass da mal etwas war.
Ablaichen bei Maulbrütern
Nach einer reichlichen Woche Fütterung mit Artemia, haben meine Betta albimarginata zum ersten Mal abgelaicht. Beteiligt war das große Weibchen, bei dem ich mir nicht sicher war, ob es überhaupt eines ist. Frühmorgens hatte ich gesehen, dass die beiden Fische hocherregt aber doch sehr bedächtig umeinander herumschwammen. Das Männchen hatte das Maul zu diesem Zeitpunkt bereits voller Eier. Das Weibchen spuckte ab und zu ein großes weißes Ei vor sich aus, um es sofort wieder einzusaugen. Das Männchen versuchte immer wieder das ausgespuckte Ei zu schnappen, was ihm lange Zeit nicht gelang. In einem günstigen Moment war es dann doch schneller als das verspielte Weibchen und erwischte das Ei. Jetzt heisst es abwarten. Mal sehen, ob der junge Mann weiß, dass die Eier nicht zum Fressen sondern zum Ausbrüten sind. Das Pärchen schwimmt in einem 25x25x40cm großen gut bepflanzten Becken herum. Außerdem ist noch ein zweites Männchen im gleichen Aquarium. Ich hoffe, dass sich das brütende Männchen in ein Versteck zurückzieht und das Weibchen sich mit dem anderen Männchen abgibt. Soweit ich weiß, fressen die Betta albimarginata ihre Jungtiere nicht auf. Ich hoffe, die drei wissen das auch!
Leider hat das „tragende“ Männchen bereits am zweiten Tag entschieden, dass es einfacher ist, den werdenden Nachwuchs einfach runterzuschlucken als abzuwarten bis nach zwei Wochen das Maul wieder leer und bereit zur Nahrungsaufnahme ist.
Es hat gar nicht so lange gedauert, bis sich das gleiche Pärchen dazu entschlossen hatte, es noch einmal mit dem Nachwuchs zu versuchen. Diese Mal ist sind mir die Vorbereitungen der beiden Fische und das Ablaichen völlig entgangen. Mir war abends nur aufgefallen, dass das Weibchen extrem schlank geworden war. Vom Männchen war weit und breit nichts zu sehen. Geduldig wartete ich darauf, bis sich das hoffentlich „tragende“ Männchen wieder einmal blicken ließ. Das Warten hatte sich gelohnt. Das Pärchen schwamm in großer Eintracht durch das Dickicht. Das Weibchen stuppste seinen Partner ab und zu einmal an. Er ließ es geschehen. Den 1. November 2012 muss ich mir merken, denn der Mann kann 15 Tage nichts fressen, danach braucht er aber unbedingt nahrhaftes Futter. Nach zwei Tagen fing ich das Weibchen dann doch aus dem Aquarium heraus. Während dieser zwei Wochen wollte ich das Becken möglichst ungestört lassen und vor allem kein Wasser verschmutzendes Futter einbringen. Warum sollte das Weibchen mit ihrem Mann hungern? Allerdings brach nach dem Umsetzen des Weibchens in das größere Becken ein heftiger Streit zwischen ihm und einem deutlich kleineren Weibchen aus. Der Streit sah allerdings schlimmer aus, als er wirklich war. Trotz der heftigen Drohgebärden und dem kräftigen Aneinanderschlagen der Tiere trug keiner der Fische eine Verletzung davon.
„Tragendes“ Männchen versteckt sich
Bereits seit 10 Tagen hatte ich das tragende Männchen nicht mehr gesehen. Deshalb machte ich mich aus Sorge um den Fisch auf intensive Suche. Es dauerte sehr lange, bis ich ihn in seinem Versteck entdecken konnte. 25 Liter bieten demnach reichlich Platz, um sich vor neugierigen Beobachtern zu verstecken. Das Männchen hat immer noch ein volles Maul und es bewegt sich äußerst bedächtig. Noch fünf Tage kann der arme Kerl nichts fressen. Ich hoffe, ihm fällt nicht in allerletzter Sekunde noch ein, seinen Nachwuchs einfach zu verschlucken. Jetzt denke ich darüber nach, ob ich ihn kurz vor der Jungtierfreigabe aus seinem Maul noch in ein kleines übersichtliches, leicht zu reinigendes Glas sperre, in dem ich dann die Jungtiere anfüttern und ihn entfernen kann.
Am 12. Tag habe ich den Fisch dann tatsächlich in einen kleinen perforierten Schwimmbehälter umgesetzt. Er hatte ein prall gefülltes Maul und es war absehbar, dass es nicht mehr lange dauert, bis er seine Kleinen in die Freiheit entlässt. Für mich war es ein großes Problem den Fisch aus seinem Versteck zu vertreiben und einzufangen. Er hielt sich ständig unterhalb der Anubiaspflanzen auf, die von oben herab viele Wurzeln im Bodengrund verankert hatten. Mit Pinzette, Kescher und Fangglocke habe ich es dann geschafft den vorsichtigen Fisch schadlos einzufangen. Sein neuer Lebensraum verursachte bei ihm erwartungsgemäß erst einmal Panik. Viel Buchenlaub bot ihm aber die Möglichkeit sich in dem winzigen Behälter zu verstecken und sich wieder zu beruhigen. Während dieser kritischen Phase spuckte er keinen einzigen Jungfisch aus. Für mich besteht also weiterhin Hoffnung, dass er die Kleinen bis zur vollen Lebensfähigkeit austrägt. In maximal drei Tagen sollte es soweit sein, dass ich die Jungfische zum ersten Mal sehe und der Fischvater wieder fressen kann. Genau zu diesem Zeitpunkt werden frisch geschlüpften Artemia Nauplien benötigt.
Freigabe der Jungfische nach 14 Tagen
Hurra, nach 14 Tagen im Maul des Vaters sind die Fisch-Babies frei. Etwa 10 relativ große schwarze Fischlein schwimmen im perforierten Schwimmbehälter. Das viele Buchenlaub erlaubt es mir nicht festzustellen, wie viele Fische es wirklich sind. Sie scheinen aber noch zu doof zum Fressen zu sein. Jedenfalls ignorieren sie die frisch geschlüpften Artemia-Nauplien. Auch der Vater frisst noch nicht. Scheinbar hat er noch Jungtiere im Maul. Schließlich ist es ja noch ein Tag zu früh.
Am zweiten Tag nach der kompletten Freigabe der Jungtiere setzte ich den Vater in das andere Becken zu seinen erwachsenen Artgenossen. Er frisst auch schon wieder. Nachdem ich alle Buchenblätter und die abgestorbenen Futterreste des Vortages aus dem kleinen Aufzuchtbehälter entnommen hatte, zählte ich 23 Fischlein. Alle scheinbar gesund, tief schwarz und 6mm lang. Es ist schwer vorstellbar, wie soviele Jungfische in dem Maul des etwa 4cm großen Vaters Platz gefunden haben. 10 Liter Aquarienwasser habe ich aus dem perforierten Aufzuchbehälter abgesaugt und durch vorgewärmtes Regenwasser ersetzt. Da dieser Aufzuchtbehälter durch seine winzigen Löcher das Aquarienwasser aus dem ihn umgebenden Becken einsaugt, ist diese Methode des Wasserwechsels gut geeignet, den Mulm zu entfernen ohne gleich die komplette Wassermenge des Auifzuchtbehälters auszutauschen. Die Kleinen fangen an zu fressen. Sie verhalten sich bereits wie ihre Eltern. Sie schauen sich jedes vermeintliche Futtertier erst genau an. Bewegt es sich und wird es als ungefährlich sowie fressbar eingestuft, schnappt der Fisch zu.